Meldung vom 09.04.2022

Ausstellung zur „Stadtwende“ in Stralsund ab 9. April

Welche Rolle spielten der Verfall der ostdeutschen Altstädte und ihre Erneuerung in der Wendezeit? Eine Ausstellung mit dem Titel „Stadtwende“ zeigt jetzt erstmals umfassend die Rolle von Bürgergruppen, die sich überall in der DDR zur Wendezeit gegründet hatten, um gegen den grassierenden Verfall und für eine erhaltende Stadtplanung einzutreten. Zu besichtigen ist die Schau ab 09. April bis zum 29. Mai in der Stralsunder Kulturkirche St. Jakobi.

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Ausstellung zur „Stadtwende“ in Stralsund eröffnet am 8. April
Welche Rolle spielten der Verfall der ostdeutschen Altstädte und ihre Erneuerung in der Wendezeit? Welche Formen des bürgerschaftlichen Engagements für den Erhalt von Altstädten und Denkmalen gab es schon in den späten 1980er-Jahren? Diesen Fragen gehen derzeit Forscherinnen und Forscher aus Weimar, Kaiserslautern, Kassel und Erkner bei Berlin nach.

Wende 1989/1990
Auch in Stralsund ist der Zusammenhang der „Stadtwende“ eindeutig. Im Dezember 1989, wenige Wochen nach dem Fall der Berliner Mauer, setzte sich der pensionierte Stadtarchivar Herbert Ewe für den Erhalt der Altstadt und eine neue Stadtentwicklungspolitik in Stralsund ein. Mit diesem Ziel konnte er viele andere überzeugen, sich ihm anzuschließen. Das von ihm getragene Engagement führte auch dazu, dass Stralsund im Frühjahr 1990 zu einer Modellstadt der Stadterneuerung auserkoren wurde – der Startschuss für die erfolgreiche Sanierung der Hansestadt in den vergangenen 30 Jahren. 2002 wurde das gemeinsame Engagement von Stadt und Zivilgesellschaft honoriert: Die UNESCO nahm Stralsund gemeinsam mit Wismar in die Welterbeliste auf. Die von Herbert Ewe gegründete Gruppe ist heute noch als Bürgerkomitee „Rettet die Altstadt Stralsund“ e.V. aktiv.

Sonderfall Stralsund
„Stralsund war immer schon ein Sonderfall“, resümiert Jannik Noeske, Stadtplaner und Wissenschaftler an der Bauhaus-Universität Weimar. „Schon in den 1950er-Jahren wurde hier über städtebauliche Denkmalpflege gesprochen, während in anderen Städten der großflächige Abriss der historischen Zentren vorbereitet wurde – übrigens auch in Westdeutschland.“

Noeske, der für die Bearbeitung des Stralsunder Ausstellungsteils verantwortlich zeichnet, hat vor allem lange Linien des Engagements in Stralsund ausgemacht: „Mit Käthe Rieck, der ehemaligen Direktorin des Kulturhistorischen Museums, und Herbert Ewe, Gründer des Bürgerkomitees, gab es zwei charismatische Persönlichkeiten, die sich über Jahrzehnte auch gegen politische Widerstände für die Altstadt einsetzten. Aber auch nach 1990 errang Stralsund eine privilegierte Stellung.“ Dazu gehört laut Noeske die bemerkenswerte Konstellation, dass die Kommune zur Hälfte am Stralsunder Sanierungsträger SES beteiligt ist, oder auch, dass die Bürgergruppe aus der Wendezeit noch heute aktiv ist. Das ist nur an wenigen Orten der Fall, wie die Forscherinnen und Forscher herausgefunden haben.

Ausstellung „Stadtwende“
Eine Ausstellung mit dem Titel „Stadtwende“ zeigt jetzt erstmals umfassend die Rolle von Bürgergruppen, die sich überall in der DDR zur Wendezeit gegründet hatten, um gegen den grassierenden Verfall und für eine erhaltende Stadtplanung einzutreten. Dazu gehörten nicht nur Initiativen wie das Bürgerkomitee in Stralsund, sondern vielfältige und kreative Formen des Engagements. Aktiv wurden zum Beispiel auch reformorientierte Fachleute oder Gruppen in Kulturinstitutionen wie dem Kulturbund der DDR. Geholfen hat es wenig, die Städte sind immer weiter verfallen. Die Ausstellung zeigt auch die bauwirtschaftlichen und stadtplanerischen Hintergründe der Altstadtpolitik der DDR und der Zeit nach der Deutschen Einheit.

Zu sehen ist die Ausstellung im Rahmen der Feierlichkeiten zu „20 Jahren Welterbe Stralsund und Wismar“ in der Kulturkirche St. Jakobi.

Zu besichtigen ist die Schau ab 09. April bis zum 29. Mai, bevor sie unter anderem nach Halle (Saale), Dessau und Weimar weiterreist.

Öffnungszeiten der Kirche sind Montag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr.

Der Eintritt ist frei.

www.stadtwende.de 

Kontakt für die Presse: Jannik Noeske, jannik.noeske@uni-weimar.de 

Erste Stimmen zur Ausstellung:
"Ich bin total beeindruckt und sehe jetzt die Zeit der Wende für die Stralsunder Baugeschichte aus einem völlig neuen Blickwinkel."
"Wunderbar aufbereitet beleuchtet diese Ausstellung ein Kapitel ostdeutscher und Stralsunder Baugeschichte in überragender Tiefgründigkeit."
"Mich haben die erforschten Hintergründe zum Umgang der DDR mit ihren Altstädten überrascht. Sehr gut recherchierte und systematisierte Fakten zum Verfall der Städte, die ich so bisher nicht kannte."
"Wenn ich nach Hause komme, werde ich als Erstes in meinen alten Unterlagen schauen, ob ich nicht auch noch was aus dieser wilden Zeit an Fotos oder Aufzeichnungen für das Forschungsprojekt beisteuern kann."
"Jede Stralsunderin und jeder Stralsunder sollte diese Ausstellung gesehen haben, egal welche Generation. Diese Ausstellung ist wichtig für unsere Stadt."

Stadtwende