Bundesverdienstkreuz für Friederike Fechner
Bundespräsident folgt Vorschlag von Stralsunds Oberbürgermeister
Die Stralsunderin Friederike Fechner wurde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Er folgte damit einem Vorschlag des Stralsunder Oberbürgermeisters Alexander Badrow, der sich über die Entscheidung sehr freut: „Wer in unserer Welterbestadt ein Haus kauft, besitzt mehr als Beton und Backstein – wer hier ein Haus kauft, wird Teil seiner Geschichte. Friederike Fechner hat die jüdische Geschichte ihres Hauses in die Gegenwart geholt und zum Leben erweckt. Ich gratuliere von Herzen zu einer der höchsten Ehrungen, die die Bundesrepublik Deutschland zu vergeben hat.“
Die professionelle Cellistin setzt sich aktiv mit der Historie der Hansestadt Stralsund auseinander und hat die Aufarbeitung der Geschichte um die jüdische Lederwarenhandlung der Gebrüder Blach angestoßen und vorangetrieben.
2015 begann Friederike Fechner nach der Sanierung des denkmalgeschützten Hauses aus dem 17. Jahrhundert mit der Spurensuche. In Zusammenarbeit mit dem Stralsunder Stadtarchiv verfolgte sie den Weg der jüdischen Kaufmannsfamilie bis in die Vereinigten Staaten und die Niederlande, nach England und Israel. Und sie spürte die Nachfahren der Familie auf! Menschen, die nicht mal voneinander wussten, dass es sie gibt.
Es ist Friederike Fechner mit ihrer Ausdauer und Beharrlichkeit zu verdanken, dass eine durch die deutsche Geschichte verschleppte und zerrissene Familie wieder zusammengeführt wurde, obwohl viele ihrer Mitglieder den Holocaust nicht überlebt hatten. Noch in diesem Sommer soll es ein erstes großes Treffen der weltweit verstreuten Nachfahren der Blachs in Stralsund geben. Oberbürgermeister Alexander Badrow wird die etwa 30 Familienmitglieder im Rathaus empfangen.
Die Reihe ihres Engagements, u. a. im Förderverein Historische Warenhäuser Wertheim und Tietz in Stralsund e.V., ließe sich noch weiter fortsetzen:
2017 – Friederike Fechner engagiert sich für die Stolpersteinverlegung in der Heilgeiststraße 89 zum Gedenken an die Familie Blach.
2018 – Friederike Fechner wirkt anlässlich 80 Jahre Reichspogromnacht im Rahmen der städtischen Veranstaltungsreihe „Stralsund erinnert“ mit. In diesem Zusammenhang organisierte sie z.B. die Erstaufführung des Konzerts „Lonys Briefe“ in der Klinikumskirche zu Stralsund, in deren Förderverein sie ebenfalls ehrenamtlich aktiv ist. 2019 – Friederike Fechner gründet die „Initiative zur Erinnerung an jüdisches Leben in Stralsund“.
2020 – Friederike Fechner organisiert anlässlich 80 Jahre Deportation der ersten Juden aus Deutschland, die unrühmlicherweise in Stralsund stattfand, den „Marsch des Lebens“ maßgeblich mit. Und holt u. a. Toby Simpson, Direktor der Wiener Holocaust Library London (größtes Forschungsinstitut zu Holocaust und Nationalsozialismus in Europa), als Ehrengast und Redner nach Stralsund.
2021 – Friederike Fechner bereichert mit Konzerten, Vorträgen und einer Ausstellung auch im diesjährigen bundesweiten Festjahr „Jüdisches Leben in Deutschland“ die Stralsunder Beiträge.
Doch 2021 ist auch ein persönliches Festjahr für Friederike Fechner. Sie feiert im November ihren 60. Geburtstag. Das Bundesverdienstkreuz ist also nicht nur folgerichtig, sondern kommt auch genau im richtigen Moment.