Auf Hiddensee wurden die Weichen für Einigung im Grundstücksstreit gestellt
Pressemitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Als eine seiner letzten Amtshandlungen im Jahr 2019 ist Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft und Umwelt, heute nach Hiddensee gefahren, um in dem seit mehr als zehn Jahren andauernden Grundstücksstreit zwischen den Neuendorfern und der Hansestadt Stralsund zu vermitteln. „Ich habe auf dem Landeserntedankfest versprochen, bis Weihnachten einen für alle Beteiligten gangbaren Kompromissvorschlag auf den Tisch zu legen und ich halte Wort“, sagte Backhaus. Die Gespräche seien äußerst konstruktiv verlaufen. Alle Beteiligten haben den Vorschlag zustimmend aufgenommen, zeigte sich der Minister zufrieden.
Der von ihm vorgestellte Kompromissvorschlag sieht verkürzt dargestellt vor, dass die Käufer einen Kaufpreis von 110 Euro/m² erbringen müssen. Bei diesem Betrag handelt es sich um den halben Bodenwert. Der Gutachterausschuss hatte den Bodenrichtwert im Jahr 2018 entsprechend der Bodenwertrichtlinie mit 300 Euro/m² bestimmt. Da nicht die Grundstückseigentümer, sondern die Hauseigentümer die Kosten zur Erschließung getragen haben, waren diese entsprechend abzusetzen. Dafür wurde ein vorläufiger Betrag von 80 Euro/m² in Ansatz gebracht. Die Bemessung der zu erwerbenden Fläche soll sich nach der bebauten Fläche richten. Zugleich müssten sich die Käufer für eine Laufzeit von 20 - 30 Jahren zur Nachzahlung des Differenzbetrages zum vollen Bodenwert verpflichten, wenn sie das Grundstück an einen Dritten verkaufen, der kein Abkömmling ist.
„Mir war es wichtig, in dem festgefahrenen Streit zu vermitteln. Deshalb freue ich mich sehr über die heute von allen Seiten klar signalisierte Kompromissbereitschaft“, betonte der Minister und dankte allen Beteiligten.
Der Oberbürgermeister der Hansestadt Stralsund, Herr Dr. Alexander Badrow, zeigte sich ebenfalls zufrieden mit dem Ausgang des Termins. Damit keine finanziellen Nachteile für die Hansestadt entstehen, habe man sich mit der Gemeinde Hiddensee darauf verständigt, durch einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss für Grundstücke der Hansestadt an anderen Standorten auf der Insel Baurecht zu schaffen.
„Schließlich haben mir die Bürgerinnen und Bürger die Werte der Stadt anvertraut und ich bin gefordert, sorgsam damit umzugehen“, erklärte Badrow. „Für uns gilt deshalb, die Wertschöpfung aus den Liegenschaften in die Infrastruktur unserer Hansestadt zu investieren. All unsere Pachteinnahmen – nicht nur die aus Neuendorf – fließen in die Sanierung und den Bau von Schulen, Straßen und Spielplätzen. Jeder Euro weniger würde an anderer Stelle fehlen“, so der Oberbürgermeister.
„Nach den heutigen Gesprächen bin ich optimistisch, dass der Streit damit alsbald beigelegt werden kann. Damit ist die benötigte Zustimmung der Bürgerschaft der Hansestadt, der Gemeinde Hiddensee und der Kommunalaufsicht deutlich wahrscheinlicher geworden. Sobald diese formellen Voraussetzungen abgearbeitet sind, werden die Neuendorfer zeitnah entsprechende Kaufangebote erhalten“, schloss der Minister.
Hintergrund
Der jetzt vorgelegte Kompromissvorschlag erfolgt in Anlehnung an das Sachenrechtsbereinigungsgesetz, um einen Interessenausgleich zwischen Gebäudeeigentümer und Grundstückseigentümer zu erzielen.
Die Eigentumsverhältnisse gestalten sich kompliziert und erfordern einen Blick in die Vergangenheit.
Im Jahr 1872 wurde Neuendorf von einer schweren Sturmflut getroffen, bei der zahlreiche Häuser zerstört wurden. Auf dem klösterlichen Grundstückseigentum durften neue Häuser errichtet werden, das Eigentum blieb dabei allerdings auf die Gebäudegrundfläche begrenzt.
Bis 1945 stand das klösterliche Grundstückseigentum unter städtischer Güter- und Klosterverwaltung.
Danach folgten 1946 die entschädigungslose Enteignung und die Auflösung der städtischen Klöster und Stiftungen.
Zu DDR-Zeit bestand keine Verkehrsfähigkeit der Grundstücke. Diese war auch nach der Wende eingeschränkt bis zur Vermögenszuordnung im Jahre 2002. Erst ab diesem Zeitpunkt war den Hauseigentümern ein Erwerb der Flächen um ihre Häuser überhaupt möglich bzw. den Grundstückseigentümern ein Verkauf.
Anfang der 90er Jahre wurden als Interimslösung Pachtverträge mit der Gemeinde geschlossen und ein Pachtzins von 0,50 DM/m² (= 0,26 Euro/m²) vereinbart.
Seither ist die Hansestadt Stralsund bemüht, einen angemessenen Pachtzins von den Grundstücksnutzern zu erwirken. Eine gütliche Einigung konnte bislang nicht erreicht werden, so dass schließlich eine Vielzahl von Gerichtsverfahren in Gang gesetzt werden mussten.
Im Jahr 2018 stellte das Landgericht Stralsund rechtskräftig fest, dass der mit der „Interimslösung“ Anfang der 90er Jahre vereinbarte Pachtzins für die Jahre seit Klageerhebung bis 2014 wegen einer offensichtlichen Äquivalenzstörung auf mindestens 3,20 Euro/m² (= 80 Euro/m² x 4 Prozent) anzuheben ist.
Quelle: Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern